Dividenden der Konzerne steigen auf Rekordniveau – Kinderarmut auch
Björn Blach ,UZ vom 2. Juni 2023
Nieten, Nieten, Nieten … Wer sein Glück an der Losbude finden muss, geht meistens leer aus. (Foto: Superbass / Wikimedia / CC BY-SA 4.0)
Die Anteilseigner der 750 Aktiengesellschaften in Deutschland können sich 2023 über Rekordzahlungen freuen. 75 Milliarden Euro wollen die Konzerne an Dividenden ausschütten – eine Steigerung von fast 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Den Löwenanteil davon planen die 40 DAX-Konzerne aus ihren Gewinnen abzugeben: Auf sie entfallen zwei Drittel der Rekordsumme. Neben Volkswagen schaffte es Siemens unter die Top Ten der Konzerne weltweit, bei denen die Dividenden am stärksten sprudelten.
Zwei Tage nachdem die „Tagesschau“ diese Erfolge meldete, spuckte der Paritätische Wohlfahrtsverband in die neoliberale Suppe. Nach vorläufigen Angaben aus dem Mikrozensus 2022 sei die Kinderarmut in Deutschland erneut auf einem Rekordhoch. Zum Internationalen Kindertag am 1. Juni „leistet“ sich eines der reichsten Länder, dass jedes fünfte Kind in Armut aufwächst. Laut Paritätischem seien die vorläufigen Zahlen vorsichtig zu betrachten. In den letzten Jahren hätte die Armutsstatistik nach oben korrigiert werden müssen.
Insgesamt sei die Armut in Deutschland leicht rückläufig. In einer ersten Einschätzung führt der Wohlfahrtsverband dies unter anderem auf die Steigerung des Mindestlohns im letzten Jahr zurück. Dabei sind in Deutschland Millionen trotz oder besser wegen ihrer Arbeit arm.
Dass die Aussagekraft der Statistik begrenzt bleibt, belegt ein weiterer Fakt, auf den die Autoren hinweisen. Als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung hat. Diese Schwelle lag 2022 bei 1.189 Euro im Monat für Alleinstehende. Auf dem geduldigen Statistikpapier errechnet sich daraus ein Rückgang der Armut. Sicher werden sich einige professionelle Politikschwätzer finden, die solche Papiertiger als Erfolg feiern. Für all diejenigen, die im vergangenen Jahr Post von ihren Energieversorgern mit massiven Erhöhungen der Abschlagszahlungen erhielten oder die beim Einkauf im Supermarkt für das gleiche Geld immer weniger im Wagen haben, sind diese Zahlen irrelevant. Ob sie laut Statistik arm sind, kann ihnen schnuppe sein. Sie wissen, dass sie immer weniger zum Leben haben.
Hier liegt eine Ursache für das tiefe Rumoren in diesem Land, die große Unzufriedenheit. Noch diffus und politisch wirr.
Der Unmut richtet sich gegen die Grünen. Sie stehen mit ihrer Politik für eine Verschärfung des Kurses der Verarmung der Massen zu Gunsten der Konzerne. Das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck etwa wird dafür sorgen, dass eine warme Wohnung für Mieter und Eigenheimbesitzer teurer wird. Währenddessen macht sich Habeck Gedanken, wie er den Strom für die Konzerne mit staatlichen Beihilfen deckelt. Die Mehrheit, die immer weniger im Geldbeutel hat, zahlt. Die Konzerne, die Rekorddividenden ausschütten, werden staatlich gedopt.
Der Rest der Parteien im Bundestag hat den Menschen nichts Anderes zu bieten. Die im Koalitionsvertrag beschlossene Kindergrundsicherung, die der Kinderarmut die Spitze nehmen könnte, wird von der FDP blockiert. Milliarden gibt es auch von der SPD nur für Krieg und Konzerne. Von der CDU erwartet sowieso niemand anderes. Bleiben in der Opposition im Bundestag noch „Die Linke“ und die AfD. Letztere brüllt besonders laut, wenn es gegen die Grünen geht, um dann leise eine ebenso asoziale Politik zu fordern. „Die Linke“ stellt zwar soziale Forderungen, kann sich in ihrer Jagd auf Pöstchen aber nicht zu weit von der Regierung entfernen. Sie unterlässt es, den Widerstand gegen die Kriegskoalition mit zu organisieren.
Noch verlaufen sich Hass und Wut und Irrlichtern im Internet.
Die realen Widersprüche drängen allerdings in eine Richtung: Im Spiel der Zukunft setzen die Vernünftigen auf den Kampf gegen die Konzerne.