Arm und Reich


Im Schatten des Krieges wächst die Kluft zwischen Arm und Reich

Kalte Wohnungen in einem reichen Land

Manfred Sohn, UZ vom 27. Oktober 2023

Vor einem Jahr blickten die Menschen sorgenvoll auf die Wintermonate. Viele standen vor der Frage: hungern oder frieren? Mit Inflationsausgleichsprämie, Gaspreisbremse und weiteren Almosen konnte die Ampel die Gemüter beruhigen. Die Gewerkschaften gaben sich mit Brosamen und einem Aktionstag zufrieden. Betroffen waren vor allem die Armen, die ohnehin im Abseits stehen. Das hatte auch mit sinkenden Ölpreisen und milden Temperaturen zu tun. Für den kommenden Winter kündigt sich nun die nächste Runde sozialer Kälte an in einem der reichsten Länder der Welt.

Zwar verlängerte die Regierung die „Gaspreisbremse“ bis April 2024, die Effekte drohen aber zu verpuffen, meldete das „Vergleichsportal Check 24“. Die zum Jahreswechsel geplante Wiederanhebung der Mehrwertsteuer von 7 auf 19 Prozent werde zu einer Mehrbelastung „unterm Strich“ von rund 200 Euro pro Jahr und Haushalt führen. Die Preise für Benzin und Diesel, die vor einem Jahr gesenkt wurden, steigen derzeit in Richtung der 2-Euro-Marke. Und an den Supermarktkassen müssen die Menschen für immer weniger immer tiefer in die Tasche greifen. Die Lebensmittelkonzerne erhöhten die Preise im September erneut um 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vier von zehn Bundesbürgern haben laut einer Umfrage im Auftrag von „Teambank“ weniger Geld zur freien Verfügung als vor einem Jahr – fast jeder fünfte gibt an, dass die nicht für Fixkosten verplanten Mittel „sehr viel geringer“ seien als im vergangenen Herbst.

Das alles sind Werte und Berechnungen aus der Zeit vor der Eskalation im Nahen Osten. Die Riesenkoalition im Bundestag hat sich bedingungslos an die Seite Israels gestellt. Nach den Milliarden, die in den Krieg gegen Russland in der Ukraine gepumpt wurden, werden jetzt Milliarden für den Krieg gegen den Nahen Osten fließen. Brosamen für die Massen sind nicht mehr vorgesehen.

Wer hingegen zum engen Wählerstamm der „Grünen“ und der FDP gehört, wird bedacht. Grundvoraussetzung: Eigenheim, Elektroauto, schnelles Internet und Wissen um die richtigen Klicks bei den grün-gelben Förderprogrammen. Mehr als 10.000 Euro waren abzusahnen für den „Einbau einer Ladestation für Elektroautos“ – die 200 Millionen waren schon am ersten Tag weggefischt. Noch schneller ging es mit dem Förderprogramm für klimaeffiziente Neubauten – die Milliarde war nach zwei Stunden „ausgekehrt“, wie es im Haushaltsdeutsch heißt.

So vergrößern Waffenlieferung für Waffenlieferung und Klientelprogramm für Klientelprogramm die soziale Kluft im Lande.


Notlage für Hartz-IV-Bezieher – Gerd Ziegler Unsere Zeit von 04.09.2020

Arm und ausgegrenzt

Die derzeit gewährten Leistungen in Hartz IV schützen nicht vor Armut, so das Ergebnis einer aktuellen Studie der Forschungsstelle des Paritätischen Gesamtverbands. Im Ergebnis fehlt es den Betroffenen insbesondere an Geld für eine ausgewogene, gesunde Ernährung und auch ein Mindestmaß an sozialer, politischer und kultureller Teilhabe ist entgegen der verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gewährleistet, so die Befunde.

„Seit 2014 steht die Aussage des Bundesverfassungsgerichts im Raum, dass die Ermittlung der Regelbedarfe die Grenzen des verfassungsrechtlich noch Zulässigen erreicht habe“, heißt es in der Studie. Gleichwohl halte die Bundesregierung an den derart ermittelten Regelbedarfen im Kern fest und vermeidet, aus welchen Gründen auch immer, eine dringend notwendige deutliche Anpassung nach oben.

Der Paritätische kritisiert scharf, dass die Bundesregierung bisher keinerlei Bereitschaft erkennen lässt, die finanzielle und soziale Lage von Hartz-IV-Beziehenden zu verbessern. Gerade in der aktuellen Krisensituation bedeute der Alltag mit Hartz IV existenzielle Not. Neben einer grundsätzlich endlich bedarfsgerechten Anhebung der Regelsätze seien daher sofortige finanzielle Hilfsmaßnahmen erforderlich, fordert der Verband.

In drei Teilen weist die Studie nach, dass die Leistungen für Hartz-IV-Beziehende in der Regel nicht ausreichen, um verlässlich vor Armut zu schützen, sich gesund zu ernähren und am sozialen, politischen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Der viel zu niedrige Anteil für Lebensmittel im Regelsatz führe zu deutlich niedrigeren Standards bei der Ernährung. In allen für Teilhabe relevanten Aspekten stehen Haushalte, die auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind, zudem deutlich schlechter da als der Rest der Gesellschaft. Die Gefahr von Einsamkeit und sozialer Isolierung sei auch hier bei Singles am ausgeprägtesten; mehr als ein Viertel aller Single-Haushalte im SGB-II-Bezug könne sich noch nicht einmal einen Internet­anschluss leisten.

„Es darf nicht sein, dass Armut in Deutschland für weitere fünf Jahre regierungsamtlich festgeschrieben wird. Anstatt sich hinter umstrittenen Statistiken zu verstecken, sollte sich die Politik endlich den Menschen zuwenden“, fordert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, mit Blick auf das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Regelbedarfsermittlung. Als Soforthilfe fordert der Verband die sofortige Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf und Monat bis zur ohnehin gesetzlich geforderten Neufestsetzung der Regelsätze zum 1. Januar 2021, eine Einmalzahlung an alle Grundsicherungsbeziehenden von 200 Euro sowie eine entsprechende Leistungsanpassung beim BAföG und im Asylbewerberleistungsgesetz.


Herrschaftswissen

Über das Institut der Deutschen Wirtschaft

Lars Mörking – UZ Unsere Zeit – 20.12.2019

Es ist jedes Jahr dieselbe Leier: Die Armen werden ärmer, die Reichen werden reicher, die Hilfsorganisationen schütteln zum Jahresende kräftig ihre Spendendosen. In ein paar Wochen wird Oxfam dann wieder vermelden, dass 2019 so war wie immer und dass das reichste Prozent der Weltbevölkerung in etwa soviel besitzt wie die 90 Prozent am anderen Ende der Skala. Für Deutschland zeichnet der Paritätische Wohlfahrtsverband mit dem Armutsbericht ein ähnliches Bild, stellt fest, dass Kinder aus armen Familien in diesem Land eine sehr gute Chance haben, arm zu bleiben und dass die Regionen sozial zunehmend auseinander driften. Armutsforscher Christoph Butterwegge fügt hinzu, dass die Armut sich in Richtung Mittelschicht ausbreitet. Und zwei Drittel der deutschen Bevölkerung sind der Auffassung, dass die „Vermögensschere“ immer weiter auseinandergeht. Laut ARD-Deutschlandtrend stimmt eine große Mehrheit der Befragten, nämlich 72 Prozent, für die Einführung einer Vermögensteuer.

Alles Quatsch, sagt Michael Hüther, Direktor des Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW). Sein Institut ist unablässig im Auftrag des Kapitals unterwegs, um derlei populistische Debatten zu versachlichen. Hüther orientiert sich nur an „Fakten“ und an „Datengrundlagen“, die er selbst geschaffen hat, und nicht an Neiddebatten, die schließlich nur zur gesellschaftlichen Spaltung führen. Zwar sei es richtig, dass 10 Prozent der Deutschen 56 Prozent des Reichtums besäßen. Das sei aber kein sinnvoller Grund für die Wiedereinführung der Vermögensteuer und derlei Informationen trügen nur zur Verunsicherung der Bevölkerung bei. Denn über die „Vermögensungleichheit“ würden all diese Zahlen über die Reichen und Superreichen und wieviel sie besitzen, herzlich wenig aussagen. Die eigentliche Frage sei doch, so Hüther, ob Menschen in ihren Chancen behindert würden: „Am Anfang hat man wenig, am Ende hat man es aufgebaut, man erbt oder man vererbt selbst. Dieser Zyklus ist für die Frage, was kann man tun, nicht so entscheidend wie die Frage Arbeitsmarkt und Bildung.“ In diesem Sinne hat das IW für seine Studie 30 000 Personen befragt – und siehe da: Die Ungleichheit hat sich nach IW-Erkenntnissen seit Anfang der 2000er kaum verändert. Noch Fragen?

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Würde ist wenig wert

Bericht über Armut und Ungleichheit

(„Die Würde des Menschen ist unantastbar“)

Am 9.2.2010 hatte das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass aus Artikel 1 des Grundgesetzes(„Die Würde des Menschen ist unantastbar“) ein Recht auf Leistungen abzuleiten ist, die nicht nur die physische Existenz, sondern auch die soziale Teilhabe sichern sollen, das heißt, es geht für nicht nur um „Nahrung, Kleidung, Hausrat, Heizung, Hygiene und Gesundheit“, sondern „auch um die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Minimum an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben“.

Die Würde der Millionen ist der bundesdeutschen Gesellschaft allerdings möglichst wenig wert – sonst hätte das Bundesverfassungsgericht 2014 nicht noch klarstellen müssen, wo der Mindeststandart finanziell anzusiedeln ist

Aus dem Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverband im August 2019

Die Schere zwischen arm und reich

Karl Marx

Zwischen 1991 und 2016 stiegen die Einkommen der oberen 10% um 35% und der der unteren 10% sanken um 8%

und die Ursachen dafür ?! bei Marx nachzulesen

Bild Karl Marx