Coronavirus

Corona-Virus und unser Umgang damit

Ein paar Wochen schon beschäftigen uns tägliche Informationen über diese Pandemie. In einigen Teilen in Europa mit erschreckenden Verlauf.

Die Verordnungen über unser tägliches Verhalten, um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen und sich möglichst nicht anzustecken, werden von Tag zu Tag schärfer.

Die wirksamsten Regeln dazu sind uns aber schon seit der Ausbreitung in China bekannt.

Aber wie einerseits das eingehalten wird, gibt es anderseits noch eine ganze Menge Vorkommnisse die zeigen von einer erschreckenden Gleichgültigkeit. Verordnungen zum Wohl alle, werden als solche nicht registriert.

Muss tatsächlich jeder erst einer solche Infektionen zu spüren bekommen, um darüber nachzudenken!

Markt und Möglichkeiten

„In welcher Welt, in welcher Gesellschaft wir leben werden“ – nach der Coronapandemie –, „hängt von uns ab“, gab Bundespräsident Steinmeier am Montag zum Besten. In was für einer Gesellschaft wir heute leben, lässt die Pandemie deutlich werden.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der sich die Qualität des Gesundheitssystems und die Zahl der Krankenhausbetten danach richten, ob Klinikkonzerne damit Profit machen können. Natürlich sind die Regeln, nach denen Krankenhäuser Geld für ihre Leistungen bekommen, politisch festgelegt – den freien Markt, den Lehrer und Professoren anpreisen, gibt es in Wirklichkeit schließlich nicht. Die Regeln, die die Regierung festgelegt hat, simulieren einen Markt: Geld gibt es als Fallpauschale, als Vergütung für Behandlungen, die durch das DRG-System gemessen werden.

Nun zeigt sich: Wir haben Glück gehabt, dass die Bertelsmann-Forderung, die Hälfte aller Krankenhäuser zu schließen, noch nicht verwirklicht worden ist. Noch ist die Zahl der Erkrankten gering. Doch schon jetzt stellt sich die Frage, wer die Patienten betreuen soll, wenn mehr Menschen auf stationäre Behandlung und Beatmung auf der Intensivstation angewiesen sind. Das System der Fallpauschalen hat öffentliche und private Häuser dazu gebracht, die Beschäftigten unter einen solchen Druck zu setzen, dass viele ihren Beruf aufgegeben haben. Die, die weitermachen, sagen, dass mit so wenig Personal eine angemessene Versorgung und die nötige Hygiene nicht zu machen sind. Das Virus zu bekämpfen und die Erkrankten zu versorgen, ist die dringendste Aufgabe der Krankenhäuser. Das System der Fallpauschalen legt ihnen das Gegenteil nahe: Covid-19-Patienten bringen weniger Geld ein als andere. Um die Versorgung so zu steuern, dass es den Bedürfnissen der Bevölkerung entspricht, ist dieses System hinderlich. Um die Versorgung so zuzurichten, dass Klinikkonzerne Profit machen können, ist es nützlich.

Nun appelieren die Regirungspolitiker an die Soldarität der Bevölkerung und rufen zur gegenseitigen Hilfe auf. Sie geben damit indirekt zu, dass unsere Gesellschaft in ihren stärksten Triebkräften eben nicht auf Solidarität aufgebaut ist. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Wenigen die Vielen ausbeuten, um einen kleinen Vorsprung in der Jagd um Profit zu erringen. Der Bundespräsident hat recht. Ob wir einmal in einer Gesellschaft leben, die die Solidarität als Grundprinzip lebt und nicht im Ausnahmezustand entdeckt, hängt von uns ab. Olaf Matthes, UZ Unsere Zeit 20.03.2020

Systemvergleich

Die Welt hat einen Staatsfeind Nr. 1, und zwar das neuartige Coronavirus.

Das Virus, das in der Lage ist, eine schwere Lungenentzündung bei den Infizierten zu verursachen, richtete zuerst in Wuhan in der Provinz Hubei Schäden an und hat sich seither mit alarmierender Geschwindigkeit ausgebreitet. Gegenwärtig sind Tausende gestorben und Zehntausende in Dutzenden von Ländern infiziert, was die Weltgesundheitsorganisation dazu veranlasst hat, eine Pandemie auszurufen.

Schon oberflächlich betrachtet zeigen sich deutliche Unterschiede beim Krisenmanagement, wenn man die USA und China vergleicht. Um ein Beispiel zu nennen: In den Vereinigten Staaten wurden zunächst nur einige Tausend auf das Virus im Labor getestet, während Tausende weitere in langen Schlangen standen oder nach Hause geschickt wurden, obwohl sie deutliche Symptome aufwiesen. China kann nach einer Schätzung der WHO jede Woche 1,6 Millionen Menschen testen.

Die USA sind nicht für eine Krise dieses Ausmaßes gerüstet. Aber die Epidemie legt auch die Unzulänglichkeiten und Ungleichheiten offen, die das Land seit Jahrzehnten plagen – die inhärenten (enthaltene: Bemerkung Administrator) Mängel eines Systems, das dem privaten Profit Vorrang vor der öffentlichen Gesundheit einräumt. Diese verschlimmern die Verbreitung eines potenziell tödlichen Virus auf nahezu unendlich viele Arten.

Die US-Krankenkassen teilten mit, dass sie die Kosten für Tests, aber nicht für die Behandlung übernehmen werden – eine unzulängliche Lösung, wenn es je eine gegeben hat. Warum sollte sich jemand, der krank ist, einem Test unterziehen, wenn er weiß, dass er es sich nicht leisten kann, gesund zu werden? Das schließt nicht einmal die Millionen von Menschen in den USA ein, die überhaupt keine Versicherung haben.

So schlimm die Situation im Gesundheitswesen auch ist, die Probleme enden nicht damit. Da es keine Politik der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt und der Kongress über den entsprechenden Gesetzentwurf streitet, werden Millionen von Arbeitnehmern keine andere Wahl haben, als an ihren Arbeitsplatz zu gehen, selbst wenn sie Symptome zeigen. Berufe, die routinemäßig Leistungen verweigern, sind – in einer schrecklichen Ironie – oft diejenigen, die den menschlichsten Kontakt erfordern.

Der Arbeitsplatz ist nicht der einzige Brandherd für diese Epidemie. Schulen und Universitäten schließen mit kaum einem Wort der Vorwarnung ihre Türen. Ärmere Schülerinnen und Schüler in den USA sind auf das kostenlose Essen in Grund- und weiterführenden Schulen angewiesen, und viele von ihnen werden als obdachlos eingestuft – über 100.000 allein in New York City. Ohne einen Plan zur Deckung dieses Mangels werden unzählige Kinder hungern.

Wenn Menschen, die krank sind oder nicht zur Arbeit gehen können, die Rechnungen der Versorgungsunternehmen nicht bezahlen können, werden massenhafte Stromsperren zu größerem Elend bis hin zum Tod führen. Die Liste geht weiter.

Aber das muss nicht so sein. Wir haben ein hervorragendes Beispiel für den richtigen Umgang mit einer Epidemie dieses Ausmaßes. China hat schnell und entschlossen reagiert, als der Ernst der Lage deutlich wurde. Tests und Behandlungen wurden kostenlos durchgeführt und neue provisorische Krankenhäuser wurden in Rekordzeit in den Krisenherden der Epidemie errichtet. Die Strom-, Funk- und Heizungsunternehmen verpflichteten sich, Kunden auch bei ausbleibenden Zahlungen weiter zu versorgen. Staatliche Industriebetriebe lenkten ihre Produktion auf lebenswichtige Güter und medizinische Versorgung um. Diejenigen, die können, arbeiteten von zu Hause aus und Angestellte aus der Dienstleistungsbranche wurden zum Beispiel in der Zulieferindustrie eingesetzt, um Beschäftigung und Löhne aufrechtzuerhalten. Zu keinem Zeitpunkt waren die Dinge des täglichen Bedarfs schwer zu beschaffen – ja, nicht einmal Toilettenpapier.

Die Kombination aus massenhafter sozialer Isolation und zentralisierter Quarantäne für eingewiesene Patienten hat die Epidemie an dem Ort, der am stärksten betroffen war, wirksam niedergekämpft. Die Maßnahmen, die China ergriffen hat, erkauften dem Rest der Welt kostbare Wochen, um sich auf die Epidemie vorzubereiten.

Erschienen in „China Daily“, Übersetzung und Bearbeitung Lars Mörking, UZ Unsere Zeit 20.03.2020