Kommunist sein im Anthropozän

Kommunist sein im Anthropozän

Lothar Geisler*

In der internationalen Wissenschaftler-Community zeichnet sich peu à peu ein Konsens ab, die gegenwärtige erdgeschichtliche Epoche „Anthropozän“ zu nennen und damit anzuerkennen, dass wir in eine neue Periode der Erdgeschichte eingetreten sind. Das Neue: „die Menschheit“ hat einen entscheidenden Einfluss gewonnen auf den Zustand, die Dynamik und die Zukunft der Erde, d.h. auf Tempo und Tiefe der biologischen, geologischen, atmosphärischen Veränderungsprozesse auf unserem Planeten. Das ist ein quantitativer und qualitativer Sprung mit dem Potenzial, unsere natürlichen Lebensgrundlagen als Gattung zu gefährden.

Umstritten ist noch, wann exakt diese Epoche angefangen hat. Mit der industriellen Revolution,
sagen einige wenige, die den Begriff „Kapitalozän“ bevorzugen. Nicht ganz falsch. Aber auch nicht
ganz überzeugend. Zumindest überdeckt das dreierlei:
1.) den beachtlichen Fortschritt in der kapitalistischen Produktionsweise seit ihrer Frühphase, in der
zumindest in den Zentren- höhere Standards bezüglich Arbeits- und Umweltschutz erkämpft (!)
werden konnten;
2.) die Möglichkeit -bei genügend großem Druck- noch unter kapitalistischen Verhältnissen weitere,
unsere Lebensgrundlagen sichernde Fortschritte zu erreichen, womit ich weder das laue Klimapaket
der Bundesregierung meine noch hochriskantes „Geo-Engineering“, für das sich traditionell auch der Militärisch-Industrielle-Komplex sehr interessiert;
3.) die historische Erfahrung, dass die Lösung der Eigentums- und Machtfrage im Sozialismus die
wichtigste, aber keineswegs ausreichende Bedingung für eine ressourcen- und umweltschonendere
Produktionsweise ist, wenn ich so an meine Delegationsreisen als junger Chemielaborant ins
sozialistische Chemie-Dreieck zwischen Halle, Merseburg und Bitterfeld in der 1970er zurückdenke.