Tödlich wie das Virus

Arme werden ärmer, Reiche reicher. Stimmen gegen das Abwälzen der Krisenlasten werden lauter

Werner SarbokUZ vom 29. Januar 2021

Während die abhängig Beschäftigten in Deutschland auf eine Nullrunde zurückblicken, haben die Rentner diese vor sich. Gute Nachrichten hingegen für die Reichen: Für sie läuft die Corona-Krise gut. „Das Vermögen der zehn reichsten Männer der Welt ist seit Februar 2019 – trotz der Pandemie – um fast eine halbe Billion US-Dollar auf 1,12 Billionen US-Dollar gestiegen“, stellt der aktuelle Bericht der internationalen Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam fest. Als Folge der Pandemie erwarten die beteiligten Wissenschaftler einen weiteren Anstieg der Einkommensungleichheit in der BRD.

„Die tiefe Kluft zwischen Arm und Reich erweist sich als ebenso tödlich wie das Virus“, erklärte Tobias Hauschild, Leiter des Teams „Soziale Gerechtigkeit” von Oxfam Deutschland.

Auch in der Krise ist genug Geld da – fragt sich nur, wer es kriegt. (Barcex / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0)

Werner Sarbok – Unser Kandidat zu Bundestagswahl 2021 Wahlkreis 121 -Redakteur (Städte Recklinghausen, Castrop-Rauxel und Waltrop )

Konzerne und Superreiche müssten jetzt ihren fairen Beitrag leisten, um die Krise zu bewältigen. Unternehmen, Märkte und Politik seien weltweit so gestaltet, dass kurzfristige Gewinninteressen zu oft über das Gemeinwohl triumphierten.

Auf der Strecke blieben Arbeitsschutz, Löhne und Menschenrechte. Diese zerstörerische Logik müsse umgedreht werden, so Hauschild.

Auf die Entwicklung der Ungleichheit hatte bereits Anfang Januar der Aufruf #ZeroCovid hingewiesen, der einen solidarischen europäischen Shutdown fordert: „Die Gesellschaften in Europa haben enormen Reichtum angehäuft, den sich allerdings einige wenige Vermögende angeeignet haben.“ Mit diesem Reichtum seien eine umfassende Arbeitspause und alle solidarischen Maßnahmen problemlos finanzierbar.“ Die Initiatoren fordern die Einführung einer europaweiten Covid-Solidaritätsabgabe auf hohe Vermögen, höchste Einkommen und Unternehmensgewinne.

Anfang der Woche sind nun 36 bundesweite Verbände und Gewerkschaften mit einem gemeinsamen Aufruf an die Öffentlichkeit getreten. Sie fordern die zügige Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze und der Altersgrundsicherung auf mindestens 600 Euro und sofortige zusätzliche Corona-Hilfen für arme Menschen. „Bereits im ersten Lockdown 2020 wurden für Bezieher von Hartz IV und Altersgrundsicherung keinerlei zusätzlichen Hilfen zur Verfügung gestellt, obwohl der zusätzliche Bedarf durch wegfallende Schulessen, geschlossene Tafeln, steigende Lebenshaltungskosten insbesondere auch für Desinfektionsmittel und Masken offensichtlich gegeben war. Laptops für das Homeschooling wurden versprochen, auf die die Kinder vielfach noch heute warten.“

Das sei umso unverständlicher, wenn zugleich hohe Milliardenbeträge zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zur Verfügung gestellt wurden, heißt es in dem Aufruf.

Kritisiert wird, dass entgegen dem Rat und der Expertise aller Fachleute im Januar eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze um lediglich 14 Euro auf 446 Euro erfolgte: ein „armutspolitischer Offenbarungseid“. Unterzeichner des Aufrufes sind unter anderem die Vorsitzenden von GEW und ver.di sowie aller relevanten Sozialverbände wie des Paritätische Wohlfahrtsverbandes, der Volkssolidarität und der Arbeiterwohlfahrt.

Die drei Initiativen machen deutlich, wer die wenigen Profiteure der Pandemie sind und dass der Großteil der Bevölkerung für die Krise zahlt. Die Breite der Unterstützer ist bemerkenswert.

Nun fehlt Bewegung auf der Straße und in den Betrieben, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen.