US – Wahlen 03.11.20

Stimmenunterdrückung

Anmerkungen zum Stand der US-amerikanischen Demokratie, Kurt Stand, USA

Auszüge aus dem Beitrag…………..

…….In Iowa haben republikanische Behörden jüngst 100.000 Stimmzettel, die Wählerinnen und Wählern zugesandt wurden, für ungültig erklärt. Die Menschen sollen trotz der Furcht vor Covid-19 gezwungen werden, in die Wahllokale zu gehen. Andernorts wurden Formulare für die Registrierung als Wähler für ungültig erklärt, um so Stimmberechtigte zu zwingen, sich entweder erneut registrieren zu lassen oder zu riskieren, dass ihre Stimme verfällt. Manchen Wählern wurde mitgeteilt, sie hätten gerichtliche Konsequenzen zu befürchten, sollten sie dabei einen Fehler machen……….

…….2010 erlaubte ein Urteil des Obersten Gerichtshofes Kandidatinnen und Kandidaten, so viel Geld auszugeben wie sie eben einsammeln können. 2013 wurden im „Gesetz über die Rechte der Wähler“ von 1965 festgeschriebene Regelungen außer Kraft gesetzt. Beides erleichterte Trumps Sieg über Hillary Clinton bei den Wahlen 2016. Trump – wie schon Bush Junior – verfehlte die Mehrheit der Stimmen, wurde aber dennoch Präsident. (Der US-Präsident wird nicht direkt gewählt, sondern durch Wahlleute des „Electoral College“ bestimmt, deren Anzahl sich durch die Mehrheiten in den Bundesstaaten ergibt; Anmerkung der Redaktion)…….

…….Die Unterdrückung des Stimmrechts der schwarzen Bevölkerung beschneidet die Rechte derer, die soziale Verantwortung vor das Recht auf private Profitmacherei stellen. Das Spannungsverhältnis zwischen dem Prinzip der Demokratie als Ausdruck der Herrschaft des Volkes und der Freiheit des Rechts auf Ausbeutung existiert seit der Amerikanischen Revolution……..

Ohne Alternative

Die Situation könnte kaum disparater und bedrohlicher sein. Die US-Wahlen 2020 werden unter Bedingungen abgehalten, die sowohl ökonomisch, sozial, außenpolitisch als auch militärisch in hohem Maße bedrohlich sind. Die Corona-Doppelkrise hat die ohnehin schwelende tiefe Krise des US-Imperiums und seiner Vasallen wie im Zeitraffer beschleunigt und vertieft.

In dieser Krise wäre eine weitblickende Führung gefragt, die in der Lage wäre, die egozentrischen Partialinteressen der Finanzmonopole zurückzudrängen und – ähnlich wie in den 1930er Jahren Franklin Delano Roosevelt – einen „New Deal“, einen neuen Klassenkompromiss im Interesse aller, durchzusetzen. Es bedarf nicht allzu großer Insiderkenntnis, um zu erkennen, dass dies nicht der Fall ist. In den 1930er Jahren gab es in den USA eine starke Arbeiterbewegung. Heute gibt es sie nicht.

Den Ultrareichen in den USA wurden im Verlauf der Krise durch Maßnahmen der Zentralbank und des Kongresses über 5 Billionen Dollar in die ohnehin überquellenden Taschen geschaufelt. Eine gigantische Summe, die, wie die Vereinigung US-amerikanischer Ingenieure errechnete, gerade gereicht hätte, die US-Infrastruktur einigermaßen in Schuss zu bringen. Aber hier zeigte man sich ebenso zugeknöpft wie bei der Unterstützung derjenigen, die von der Krise hart getroffen wurden, zum Beispiel indem sie arbeitslos wurden oder Pleite gingen. Das Stimuluspaket, das ihnen unter die Arme greifen sollte, wurde zum Gegenstand taktischer Winkelzüge, mit denen die beiden Kartellparteien ihre Kandidaten für die Wahl günstig zu platzieren suchten.

Die 644 US-Milliardäre dagegen, die 0,00019 Prozent der US-Bevölkerung ausmachen, wurden seit Krisenbeginn um mehr als 1 Billion Dollar reicher.

Die Johns-Hopkins-Universität weist in den USA aktuell 8,6 Mio. Covid-19-Fälle und 225.000 Covid-19-Tote aus. Pro Tag sterben dort etwa 1.000 Menschen an der Seuche. Das US-Gesundheitssystem generiert zwar gigantische Profite, versagt aber bei der Bekämpfung der Seuche völlig. Eine Lage, die symptomatisch ist für den Zustand des Imperiums. Laut „Feeding America“ sind aktuell über 54 Mio. US-Bürger von Hunger bedroht. Es bilden sich kilometerlange Schlangen vor den mehr als 200 „Food Banks“, die ihre Essenausgaben verdreifachen mussten und nun aufgrund des Andrangs vor einer gewaltigen Unterdeckung von 8 Milliarden Mahlzeiten bis Juni 2021 stehen.

Die katastrophale soziale und ökonomische Lage im neoliberal zugrundegerichteten Imperium ist der tiefere Grund für die anhalten Proteste gegen Polizeibrutalität und die Kämpfe der „Black-Lives Matter“-Bewegung. Tausende wurden durch die Polizei in die Gefängnisse verbracht, zusammengeschlagen, von Hartgummigeschossen verletzt. Wenig verwunderlich, dass die Situation immer mehr eskalierte.

Nun wird niemand ernsthaft annehmen, dass jene, welche die hier nur unzureichend skizzierte katastrophale Lage des Imperiums ins Werk gesetzt haben, auch gleichzeitig die Lösung des Problems verkörpern könnten. Die US-Kartellparteien lassen den US-Bürgern nur die Wahl zwischen Kandidaten des industriell-militärisch-geheimdienstlichen Komplexes und von Big Money. Darunter sind Kandidaten mit Stil wie Barack Obama, die für umso mehr Bomben, Tote und noch mehr Geld für Big Money stehen. Demokratie à la USA bedeutet, zwischen den von der US-Finanzelite und ihren Medien präsentierten Varianten Pest und Cholera wählen zu dürfen.

Dementsprechend war denn auch das letzte „Duell“ von Donald Trump und Joseph Biden. Der Pressesekretär Wladimir Putins, Dmitri Peskow, kommentierte: „Ein Wettbewerb in Russophobie.“ Ähnliches hätte auch von chinesischen oder iranischen Verantwortlichen kommen können. Der nahezu pathologische Wahn, ausländische Sündenböcke auftreiben zu müssen, hat, wie im Fall Nawalny, schon abstruse Züge. Wladimir Putin, der für alle Übel der Welt einschließlich Donald Trump verantwortlich ist, die chinesischen Kommunisten, die das Coronavirus hergestellt und in die USA verschleppt haben, um dort Hunderttausende zu töten. Huawei, die finstere Firma, die die Welt ausspionieren will, was schließlich das gottgegebene exklusive Recht der US-Geheimdienste und Tech-Konzerne ist. Und ähnlicher Nonsens mehr.

Es spricht für die Qualität der US-amerikanischen Bewusstseinsmaschine, dass viele Menschen glauben, sie hätten 2020 tatsächlich eine Wahl. Sie haben sie nicht. Wall Street und US-Militärindustrie gewinnen in jedem Fall.

Autor: Klaus Wagener, Unsere Zeit 30.11.2020